Inwiefern stärkt internationale Friedenspolitik die Sicherheit der Schweiz?
Sowohl auf der Website als auch in der Broschüre stehen Ihnen Unterlagen zur Verfügung, um sich auf die Podiumsdiskussion vorzubereiten.
Sowohl auf der Website als auch in der Broschüre stehen Ihnen Unterlagen zur Verfügung, um sich auf die Podiumsdiskussion vorzubereiten.
Hinweis zum Vorgehen
Die Unterlagen sind thematisch geordnet (empfohlene Reihenfolge):
Hinweis: In der Broschüre finden Sie auf S. 76 Platz für Ihre Notizen.
- Seite77
D1 Friedensförderung – eine Staats- und eine Privataufgabe
- Seite78
D2 Formen und Beispiele der Friedensförderung mit Schweizer Beteiligung
- WEB
D3 Schweizer Organisationen zur Friedensförderung
- WEB
D4 Meinungen
D3
Schweizer Organisationen zur Friedensförderung
Im Folgenden wird eine Auswahl der zahlreichen Schweizer Organisationen präsentiert, die sich für die Friedensförderung einsetzen:
Schweizerischer Friedensrat (SFR)
Der SFR engagierte sich in friedenspolitischen Initiativen wie beim Rüstungsreferendum, der Umverteilungsinitiative oder derjenigen für einen zivilen Friedensdienst. Friedenspolitik wird beim SFR aber weit umfassender verstanden als reine Sicherheits- und Militärpolitik. Der SFR setzt sich gegen Rassismus und Sexismus ein, vertritt einen gerechten Umgang mit den Ländern des Südens, engagiert sich für eine soziale Innen- und eine solidarische Aussenpolitik. […]
Gesellschaft Schweiz–UNO (GSUN)
Wir vertreten die Werte und Prinzipien der Gleichberechtigung, des Friedens und der Menschenrechte, wie sie in der Charta der Vereinten Nationen festgehalten wurden. Wir stehen ein für die Ziele der UNO, insbesondere für den Kampf gegen die Armut und die Förderung der nachhaltigen Entwicklung durch die SDGs – Sustainable Development Goals.
Wir fördern die Beziehung zwischen der Schweiz und der UNO, indem wir einerseits die Vereinten Nationen, ihre Werte und Funktionsweise der breiten Schweizer Bevölkerung näher bringen und andererseits, indem wir die Debatte um die Rolle der Schweiz im Rahmen der UNO und im Internationalen Genf anregen. […]
Schweizerische Friedensstiftung swisspeace
Research: swisspeace conducts research on insufficiently explored topics within our areas of thematic expertise which are relevant to a broader community of peacebuilding scholars, practitioners, and policy-makers. We aspire to research that combines academic rigor with practice-relevance, and we aim to influence the peacebuilding policy and practice fields building on sound analyses and the latest research findings. We foster national and international excellence in peace research, teaching, and training by partnering with academics worldwide and using inter- and transdisciplinary approaches.
Convene & Learn: swisspeace provides spaces for exchange and dialogue to promote trust, creative thinking, and collaboration. We bring together people who would otherwise not meet. Together with our partners, we learn and strengthen capacity, applying the latest research findings and experiences from practice in a variety of contexts.
Shape: […] swisspeace hosts the secretariat of the Parliamentary Group ‹Peacebuilding›. The group strengthens the anchorage of Swiss peacebuilding policy in the Parliament.
Schweizer Plattform für Friedensförderung KOFF
Founded in 2001, KOFF is a well-established platform for exchange, dialogue and network composed of around 40 civil society organizations and two state organizations engaged in the fields of peace, human rights and development cooperation. It constitutes a network facilitated by swisspeace and is jointly supported by the Swiss Federal Department of Foreign Affairs (FDFA) and its member organizations.
KOFF’s mission is to ensure that Swiss peacebuilding is strengthened, relevant, and visible. To do so, KOFF facilitates dialogue and learning processes in Switzerland and abroad and fosters information sharing with a view to develop strategic alternatives, policy recommendations and joint initiatives for peace with its member organizations. […]
KOFF zählt rund 40 zivilgesellschaftliche und zwei staatliche Mitgliedsorganisationen, die sich für die Friedensförderung einsetzen. Eine Übersicht befindet sich auf der KOFF-Website.
Konkrete Fragen:
Wie beurteilen Sie die Vielfalt der Schweizer Organisationen zur Friedensförderung?
Welche der folgenden Meinungen können Sie nachvollziehen? Wo würden Sie eher widersprechen? Begründen Sie Ihre Aussage.
D4
Meinungen
Der Bundesrat zu einem seiner aussenpolitischen Schwerpunkte
Die Schweiz gehört zu den weltweit führenden Ländern in der Friedensförderung, namentlich durch Gute Dienste, Konfliktprävention und -lösung, Mediation, Schutz der Zivilbevölkerung, Förderung von Dialog und Demokratie, militärische Friedensförderung, Wissenschaftsdiplomatie und Bekämpfung von Straflosigkeit: Das friedenspolitische Know-how der Schweiz ist solide und umfassend und angesichts der weltpolitischen Polarisierung zunehmend gefragt. Die Schweiz, die keine versteckte politische Agenda verfolgt, will ihr Profil als Vermittlerin in diesen Bereichen weiter schärfen.
Meinung von Markus Heiniger, einem kritischen Insider
Markus Heiniger war von 2002 bis 2017 – unter anderem als stellvertretender Leiter der «Sektion Friedenspolitik» und der damaligen «Politischen Abteilung 4» (heute «Abteilung Frieden und Menschenrechte») – massgeblich an der Gestaltung der Friedenspolitik des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) beteiligt. Noch vor seiner Pensionierung erstellte er eine Studie über das Friedensengagement des EDA seit 1990. Auszüge aus einem Interview von swissinfo.ch mit Markus Heiniger:
swissinfo.ch: Man spricht gerne über die humanitäre Tradition der Schweiz und ihre Neutralität. Für die Friedensförderung allerdings setzt die Schweiz sich erst seit rund drei Jahrzehnten ein, warum?
Markus Heiniger: Nach dem Zweiten Weltkrieg kultivierte die Schweiz den Alleingang, die eigene Verteidigung stand zuvorderst. Während des Kalten Krieges konzentrierte sie sich auf die militärische Sicherheit. Eine Friedenspolitik, die auf Kooperation fokussiert, wurde im Klima der gegenseitigen Abschreckung nicht versucht. Man hat eine extreme Form der Neutralität kultiviert: Die Neutralität war Daseinszweck, statt ein Instrument der Aussenpolitik.
Das änderte sich durch den globalen Kontext. Als sich die Blöcke ab 1989 auflösten, war die strikte Schweizer Neutralität nicht mehr so attraktiv. Die Schweiz war 1990 nirgends dabei, nicht bei der Nato, der Uno, der EU, nicht mal bei der Weltbank oder im Währungsfonds. Die Alleingangsstrategie wurde zum Risiko. Deshalb trat die Schweiz zunächst den Bretton Woods Institutionen bei, später auch der Uno.
War Friedensförderung für die Schweiz eine unverfängliche Möglichkeit, trotz fehlender EU-Mitgliedschaft multilateral aktiv zu sein?
Friedensförderung wie Wahlunterstützung, Entminungsaktionen, Polizeiunterstützung und Missionen in Tschetschenien und Georgien waren sicherlich kein Ersatz für eine EU-Mitgliedschaft, aber sie waren eine Möglichkeit, zu zeigen, dass man einen Beitrag für die internationale Zusammenarbeit leisten will.
Sie schreiben in Ihrer Studie, Kanada und Norwegen seien der Schweiz anfänglich aussen- und friedenspolitisch voraus gewesen.
Ja, das wurde damals auch von der Schweizer Diplomatie so wahrgenommen. Man sagte: Oh, was die können, das wollen wir auch.
Gerade Norwegen hatte mit der Nato- und Uno-Mitgliedschaft bereits im Kalten Krieg stark auf Multilateralismus gesetzt. Das Land hatte eine andere Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen als die Schweiz. Norwegen sagte sich: Wir müssen mitmachen, wir können nicht allein überleben. Deshalb waren sie früh viel besser vernetzt und hatten mehr Informationen. Norwegen setzte auch grosse finanzielle Mittel ein. Bei Kanada war das ähnlich. […]
Was waren die wichtigsten Erfolge des Schweizer Friedensengagements?
Ich würde sagen das Friedensabkommen in Kolumbien zwischen der FARC-Guerilla und der Regierungsarmee, der Friede zwischen Maoisten und der Regierung in Nepal, die Vermittlung im mosambikanischen Konflikt 2019, aber auch das Abkommen in den Nuba-Bergen zum Schutz der Sezessionisten im Sudan 2002 oder das Abkommen Türkei–Armenien von 2009 – das zwar nur beschränkt umgesetzt wurde.
Die Schweiz hat das nicht immer allein erreicht, meist arbeitet man mit anderen Ländern zusammen, aber in diesen Fällen war ihr Beitrag wichtig. […]
Und was waren die schlimmsten Niederlagen?
Eines der dramatischsten Beispiele ist Sri Lanka: Die Schweiz hat, neben Norwegen, viel investiert, sie war sehr engagiert, man war nahe an einer möglichen Lösung. Es ist sehr deprimierend, dass es ganz anders herauskam. Der Krieg endete 2009 mit einem militärischen Sieg der sri-lankischen Regierungstruppen […]. Das Land kommt bis heute nicht zur Ruhe, es ist schwer gespalten und wird immer mehr autokratisch regiert […]. Auch die Minderheit der Muslime wird seit ein paar Jahren schlecht behandelt.
Friedensvermittlung ist ein Geschäft mit einem gewissen Risiko. Viele Länder fallen zurück in den Krieg. Trotzdem ist es richtig, dass die Schweiz langfristig engagiert bleibt. Wobei man nicht vergessen darf, dass man von aussen ja nur unterstützt, im Inneren leidet die Zivilbevölkerung, wenn ein Friedensprozess scheitert. Und: Frieden schliessen, das müssen die Konfliktparteien, das ist das Schwierigste. Das Risiko im Konfliktland ist also viel grösser als dasjenige für Friedensvermittler. […]
Sie kommen in der Studie über das Schweizer Engagement zum Schluss, es bleibe der Gesamteindruck einer Art ‹Friedensboutique›. Was meinen Sie damit?
Damit ist gemeint, dass man zwar Kapazitäten in der Vermittlungsarbeit, Mediation, Föderalismusberatung und Vergangenheitsaufarbeitung und so weiter aufgebaut hat, dass es aber bei einem recht eingeschränkten Friedensförderungskonzept bleibt. Frieden in der Aussenpolitik sollte nicht in einzelnen Abteilungen stattfinden, sondern er sollte die Gesamtpolitik prägen. […]
Man müsste auch die Friedenspolitik kohärenter machen. Die Schweiz darf nicht im entscheidenden Moment opportunistisch sein und zugunsten von Waffenausfuhren oder eigenen Wirtschaftsinteressen handeln. Die Friedenserhaltung sollte die Oberdevise der gesamten Politik sein, das sagt auch die Uno in der Resolution ‹Sustaining peace› von 2016. Die Schweiz sollte zudem sehr konsequent und langfristig an bestimmten Konflikten dranbleiben.
Das ist ein Gegenkonzept zum dem, was ich ‹Hotelier-Konzept› nenne: Man hat ein Hotel in Genf und wartet, bis jemand eine Konferenz machen will. Das kann man immer noch machen, aber die aktive Friedensförderung ist wichtiger. […]
Nutzen und Grenzen eines «Leitbildes Frieden»
Thomas Greminger, Botschafter und ehemaliger Generalsekretär der «Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa» (OSZE) und Direktor des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik zur Forderung, dass die Schweiz ein Leitbild ihrer Friedenspolitik formulieren sollte:
[…] Ein ‹Leitbild Frieden› könnte wohl positive Impulse für weitere Fortschritte im Sinne eines kohärenten und wirkungsvollen Einsatzes aller friedenspolitischen Instrumente des Bundes geben, in letzter Instanz kann es jedoch kein Substitut [Ersatz] für den fehlenden politischen Willen sein, einzelne dieser Instrumente besser zu nutzen und auszubauen. Mit anderen Worten: Solange die Bereitschaft, die militärische Friedensförderung stärker zu engagieren, politisch nicht besser abgestützt ist, riskiert eine friedenspolitische Gesamtschau zum Feigenblatt zu werden. Der politische Wille ist dabei aber nicht einfach eine unabänderliche Funktion der öffentlichen Meinung in unserem Land, sondern stark abhängig vom Leadership seitens der Politik. […]
Diese Vision einer Schweiz als friedens- und menschenrechtspolitische Championne fusst auf den in der Schweiz bestens verankerten humanitären Werten. Sie ist aber gleichzeitig auch Ausdruck einer klaren Interessenpolitik. Die internationale Gemeinschaft erwartet von einem reichen, von der Globalisierung stark profitierenden Land, dass es in adäquater Weise zur Lösung der globalen Probleme beiträgt. Dabei sind die Konfliktlösung und der Menschenrechtsschutz Bereiche, in welchen die Schweiz geradezu prädestiniert ist, einen Mehrwert zu schaffen und international geschätzte Leistungen zu erbringen. […]
Wie geht’s weiter?
Entscheiden Sie sich nun für eine oder mehrere «konkrete Fragen» für die Podiumsdiskussion und bereiten Sie die Inszenierung vor.